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Polachsenausrichten ohne Nordstern.

 

1. Schritt

Wo ist Nord/Süd, wo ist Ost/West in meinem Okular?

Mit dieser Frage steht und fällt die ganze Prozedur, dabei ist die Antwort durch einen kleinen Schwenk am Teleskop schnell beantwortet.

Bei unserem Teleskop entsprechen die Richtungen Nord/Süd der Deklination. Bewege ich also mein Teleskop in der Deklinationsachse, dann bewegt sich ein Stern im Okular in Nord/Süd Richtung.

Die Ost/west Richtung entspricht der Bewegung des Teleskops in der Stundenachse (Rektaszension).

Bewegen wir unser Teleskop in der Rektaszensionachse, dann bewegen sich die Sterne im Okular in Ost/West Richtung. Diese Bewegung ist nur der guten Ordnung halber hier erwähnt, aber für unsere Polachsenausrichtung werden wir ein Drift in dieser Richtung unbeachtet lassen, denn sie hat ihren Ursprung nur im Antrieb unserer Montierung, nicht in der Polachsenausrichtung.

Und wie weiß ich jetzt wo Norden oder Süden in meinem Okular ist?

Ganz einfach, wir drücken unseren Tubus vorne ein winziges Stück nach Norden (also nach oben) und beobachten  dabei im Okular die Bewegung unseres Sterns, denn dieser bewegt sich dabei nach Süden. Oft liest man hierbei den Zusatz  „wandert nach oben“ oder „unten“. Dies ist aber eben abhängig davon, ob ich ein Prisma verwende oder nicht, deshalb lasse ich hier diesen Verwirrfaktor weg.  Jeder muß eben an seinem Gerät selbst  feststellen, wo für ihn Norden (Süden) liegt, und dies erfährt er durch den einfachen Satz:

                                     Hebe ich meinen Tubus vorne gegen Norden, bewegt sich im Okular mein Stern nach Süden.

 

2. Schritt

Ausrichtung der Polachse mit Stern im Meridian

Hierbei wird die azimutale Ausrichtung der Polachse überprüft!

Wir haben unser Teleskop so gut es unsere Vermutung zulässt in Nord/Süd-Richtung aufgestellt und suchen uns nun einen Stern, der möglichst auf  dem Himmelsäquator (+/-10°) und nicht mehr als ca. 2-3° östlich oder westlich vom Meridian steht. Diesen Stern setzen wir bei eingeschaltetem Rekt.-Antrieb auf  den waagerechten Faden unseres Fadenkreuzes.

Ob unser Fadenkreuz wirklich in Ostwest-Richtung verläuft,  können wir dadurch kontrollieren, indem wir kurz die Ost- oder West-Taste unserer Steuerungsbox drücken und darauf achten, ob der Stern wirklich genau entlang des Fadens aus dem Okularfeld läuft. (Analog können wir dies natürlich auch in Nordsüd-Richtung mit dem Stern auf der senkrechten Achse machen.) Gegebenenfalls müssen wir das Okular etwas nachjustieren.

Nun beobachten wir, ob der Stern nach Norden oder Süden wandert. Ich könnte hier auch „oben“ oder „unten“ sagen, dies ist aber eben abhängig von meinem Teleskop und ob ich ein Prisma verwende, und genau deshalb hatten wir ja in Schritt 1 unsere Hausaufgaben gemacht. Ein Drift des Sterns in Ost/West Richtung ist völlig ohne Interesse, ja wir können sogar diese O/W-Drift über unsere Handbox kompensieren. Uns interessiert hier nur die Nord- oder Süd-Drift, die wir anfänglich sicherlich schon nach ein-zwei Minuten feststellen können. Diese Nord- oder Süd-Drift sagt uns,  in welche Richtung wir unsere Polachse azimutal  (also nach Osten oder West ) korrigieren müssen.

Wandert unser Stern im Meridian auf dem Fadenkreuz unseres Okulars nach Süden, müssen wir unsere Polachse nach Westen drehen.

Wandert der Stern nach Norden müssen wir sie nach Osten verdrehen.

 

3. Schritt

Ausrichten der Polachse mit Stern am Ost-Horizont

Hierbei wird die Altitude (Höhe) der Polachse überprüft!

Nun schwenken wir unser Teleskop auf einen Stern, der ca. 10°-20° über dem östlichen Horizont sowie zwischen dem Himmelsäquator  und 20° Nord steht. Die Ausrichtung unseres Okulars haben wir beibehalten, d.h. das Fadenkreuz läuft weiterhin  in Ost/West-Richtung und wir beobachten wieder, ob der Stern von dieser Linie nach Norden oder Süden wandert. Auch hier lassen wir die Wanderung nach Osten oder Westen unberücksichtigt.

Wandert der Stern am Ost-Horizont auf dem Fadenkreuz unseres Okulars nach Süden, müssen wir die Polachse anheben.                             

Wandert der Stern nach Norden, steht die Polachse zu hoch und wir müssen sie absenken.

Natürlich kann auch ein Stern am Westhorizont benutzt werden, dann müssen aber die Angaben  umgedreht werden.

 

War es das schon?

Nein, die Schritte zwei und drei  müssen wir öfters wiederholen, d.h. re-zentrieren des Sterns auf dem Fadenkreuz und erneute Kontrolle der Drift,  da wir ja nicht wissen, wie weit wir wirklich vom Pol entfernt waren. Sehr wahrscheinlich haben wir durch die Korrektur am Horizont die Einstellung am Meridian wieder etwas verändert. Dies bedeutet aber auch, dass wir anfänglich die Drift nicht länger als ca. zwei Minuten beobachten brauchen, dann schwenken wir zum Horizont, dann wieder zum Meridian und nähern uns so in kleinen, aber zeitlich kurzen Schritten unserem Ziel. Schließlich sollte der Stern mindestens fünf Minuten keine Drift mehr zeigen.

 

Resumé

 

Schritt 1: Hausaufgaben

1.)    Teleskoptubus vorne leicht nach Norden heben, Stern im Okular wandert nach Süden. Merke: wo ist also Süden?

2.)    Fadenkreuz so drehen, dass bei ausgeschalteter Steuerung Stern genau auf  Ost-West-Faden läuft

 

Schritt 2: Stern im Meridian

      Wandert  Stern nach Süden, dreh Polachse nach Westen!

      Wandert Stern nach Norden, dreh Polachse nach Osten!

 

Schritt 3: Stern über Ost-Horizont

     Wandert Stern nach Süden, ist die Polachse zu tief!

     Wandert Stern nach Norden, ist die Polachse zu hoch!